Felix Hofmann, Dissertation, Fachbereich Physik der Universität Hamburg, 201X :

"Nichtgleichgewichtsselbstenergiefunktionaltheorie - Ein Zugang zur Realzeitdynamik stark korrelierter fermionischer Gittersysteme"


"Nonequilibrium self-energy functional theory - Accessing the real-time dynamics of strongly correlated fermionic lattice systems"



Summary

Kurzfassung

Die Selbstenergiefunktionaltheorie (SFT) wird für die Behandlung von Nichtgleichgewichtsproblemen verallgemeinert und auf die Realzeitentwicklung stark korrelierter Gitterfermionen angewandt. Unter Ausnutzung der grundlegenden Struktur der etablierten Gleichgewichtstheorie wird der gesamte Formalismus in der Sprache der Keldysh-Matsubara Green'schen Funktionen reformuliert. Zu diesem Zwecke wird ein Funktional der Nichtgleichgewichtsselbstenergie konstruiert, welches am physikalischen Punkt stationär ist und eben dort dem großkanonischen Potential im thermischen Anfangszustand entspricht. So können nichtperturbative Näherungen der vollen Selbstenergie konstruiert werden, indem das ursprüngliche Gitterproblem auf kleinere Bezugssysteme reduziert wird und Variationen der entsprechenden Testselbstenergien, parametrisiert durch die Einteilchenparameter des Referenzsystems, durchgeführt werden. Es zeigt sich, dass so erhaltene Näherungen die makroskopischen Erhaltungssätze respektieren, welche den zugrundeliegenden Symmetrien des ursprünglichen Gittermodels entspringen. Im Falle des thermischen Gleichgewichts reduziert sich der verallgemeinerte Formalismus auf die gewöhnliche SFT. Im allgemeinen Fall müssen allerdings Variationen berücksichtigt werden, die aus dem physikalischen Parameterraum hinausführen. Die entsprechenden Funktionalableitungen können jedoch analytisch berechnet werden, so dass kausale Bestimmungsgleichungen für die optimalen physikalischen Parameter erhalten werden und ein realisierbares, rechnergestütztes Propagationsschema aufgestellt werden kann. Als eine erste Überprüfung der numerischen Umsetzung wird der variationelle Cluster-Ansatz auf die Dynamik eines dimerisierten Hubbard-Modells angewandt, welche durch schnelle Veränderungen seiner Tunnelparameter ausgelöst wird. Schließlich wird die Zeitentwicklung eines homogenen Hubbard-Modells nach plötzlichen und endlich andauernden Einschaltvorgängen des Wechselwirkungsparameters mittels der dynamischen Störstellennäherung untersucht. Es finden sich zwei Bereiche unterschiedlichen Antwortverhaltens in denen das System je in einem präthermalen Zustand verharrt und welche durch eine kritische Wechselwirkung scharf voneinander getrennt sind. Trotz der Einfachheit des gewählten Referenzsystems stimmen die gefundenen Resultate mit jenen der dynamischen Molekularfeldtheorie qualitativ gut überein. In Analogie zum Mottübergang bei verschwindender Temperatur entkoppelt der Badplatz vollständig vom korrelierten Störstellenplatz am kritischen Punkt. Dieser ``dynamische'' Mottübergang kann mit seinem Gleichgewichtspendant in Verbindung gebracht werden, indem das dynamische kritische Verhalten vom Fall plötzlicher Parameteränderungen bis hin zum adiabatischen quasi-statischen Fall verfolgt wird. Anhand des periodischen Anderson-Modells wird diesem Zusammenhang weiter nachgespürt. Im Gleichgewicht kann die Existenz eines Mott-artigen Übergangs mittels der geometrischen Details der Hybridisierung zwischen dem freien Leitungsband und den dispersionslosen Störstellenorbitalen des Modells eingestellt werden. Dieses Charakteristikum erweist sich auch im Nichtgleichgewicht als beständig und untermauert damit zusätzlich die Vermutung einer echten Beziehung zwischen beiden Arten von Mottübergängen.

Titel

Kurzfassung

Summary

The self-energy functional theory (SFT) is extended to the nonequilibrium case and applied to the real-time dynamics of strongly correlated lattice-fermions. Exploiting the basic structure of the well established equilibrium theory the entire formalism is reformulated in the language of Keldysh-Matsubara Green's functions. To this end, a functional of general nonequilibrium self-energies is constructed which is stationary at the physical point where it moreover yields the physical grand potential of the initial thermal state. Nonperturbative approximations to the full self-energy can be constructed by reducing the original lattice problem to smaller reference systems and varying the functional on the space of the respective trial self-energies, which are parametrized by the reference system's one-particle parameters. Approximations constructed in this way can be shown to respect the macroscopic conservation laws related to the underlying symmetries of the original lattice model. Assuming thermal equilibrium, the original SFT is recovered from the extended formalism. However, in the general case, the nonequilibrium variational principle comprises functional derivatives off the physical parameter space. These can be carried out analytically to derive inherently causal conditional equations for the optimal physical parameters of the reference system and a computationally realizable propagation scheme is set up. As a benchmark for the numerical implementation the variational cluster approach is applied to the dynamics of a dimerized Hubbard model after fast ramps of its hopping parameters. Finally, the time-evolution of a homogeneous Hubbard model after sudden quenches and ramps of the interaction parameter is studied by means of a dynamical impurity approximation with a single bath site. Sharply separated by a critical interaction at which fast relaxation to a thermal final state is observed, two differing response regimes can be distinguished, where the system gets trapped in prethermal intermediate states. Despite the simplicity of the reference system, good qualitative agreement with previous results of dynamical mean-field theory is found. Reminiscent of the Mott transition at zero temperature the bath site decouples from the correlated impurity site right at the critical point and this ``dynamical'' Mott transition can be linked to its equilibrium counterpart by studying the crossover from the case of sudden quenches to the adiabatic quasi-static dynamics. This is further investigated by considering the periodic Anderson model, where in equilibrium the presence of a Mott-type transition can be tuned via the geometrical details of the hybridization between the free conduction band and the nondispersive impurity orbitals. This characteristic also persists in the nonequilibrium case and thus strongly supports a true interrelation between both types of Mott transitions.